Barrierefreie Haltestellen: LVB und Stadt müssen bis 2022 liefern

23.07.2014

Bildinhalt: Barrierefreie Haltestellen: LVB und Stadt müssen bis 2022 liefern  | Bis 2022 müssen alle Haltestellen behindertengerecht ausgebaut sein. / Foto: André Kempner
Bis 2022 müssen alle Haltestellen behindertengerecht ausgebaut sein. / Foto: André Kempner
 

Zusätzliche Investitionen werden auf mindestens zehn Millionen Euro geschätzt / Mögliche Ausnahmen

Von Martin Pelzl

Geht es nach dem Willen der Europäischen Union und dem daraus resultierenden novellierten deutschen Personenbeförderungsgesetz, müssen bis Januar 2022 auch in Leipzig alle Haltestellen von Bus und Straßenbahn barrierefrei zugänglich sein - ergo behindertengerecht umgebaut werden. Für die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB), in deren Zuständigkeit sich die Haltestellen der Straßenbahn befinden, und die Stadt Leipzig als federführende Behörde in Sachen Bushaltestellen, dürfte dies eine zusätzliche Investition in Größenordnung bedeuten. Aber es gibt auch Ausnahmeregelungen.

Von den rund 260 LVB-Straßenbahn-Stopps - die meisten mit jeweils zwei Richtungshaltestellen ausgestattet - sind aktuell etwa 60 Prozent behindertengerecht. Dies bestätigte LVB-Sprecher Christoph Hansel auf LVZ-Anfrage. "Von der vollständigen Barrierefreiheit kann bis zur besagten Frist aber abgesehen werden, wenn im Nahverkehrsplan - der Richtschnur für uns - konkret benannte Haltestellen begründet ausgenommen werden", betonte er. Die Verabschiedung der Novelle für das meist fünf Jahre gültige Papier wird für 2016 erwartet.

Laut Hansel kann es zudem weitere Ausnahmen geben. Beispielsweise wenn der Freistaat einen anderen Zeitpunkt der Fertigstellung festlegt, so weit dies nachweislich aus technischen wie wirtschaftlichen Gründen unumgänglich ist. "Ich vermute, dies wird der Fall sein, da es in einigen ostdeutschen Großstädten mit der Umsetzung problematisch werden dürfte", so der LVB-Sprecher. Derzeit beschränke man sich darauf, bei Neu- oder Ausbau von Straßenbahnstrecken wie beispielsweise in der Lützner, Wurzner oder Karl-Liebknecht-Straße im selben Atemzug auch die Haltestellen wie gefordert auszubauen. Zu möglichen Kosten für die LVB wollte er sich nicht äußern.
Diese dürften aber nicht unerheblich sein. Nimmt man nur die sehr konservative Schätzung von 50000 Euro pro Richtungshaltestelle zum Maßstab, könnten insgesamt allein bei den Straßenbahn-Halten zehn Millionen Euro zusammenkommen. Allein ein Wartehäuschen wird mit deutlich mehr als 5000 Euro veranschlagt. "Wir wollen wie gefordert ausbauen, es muss aber auch leistbar sein", so Hansel. Stadt und Land seien deshalb erste Ansprechpartner, wenn es um eine nötige Kofinanzierung geht. Somit sei es die Frage, ob die vollständige Barrierefreiheit aller LVB-Haltestellen bis Januar 2022 kommen werde.

Eine der Vorreiterstädte ist übrigens München. Hier sind bereits über 90 Prozent aller Straßenbahn-Haltestellen barrierefrei. Deutlich schlechter als in Leipzig sieht es im nahen Halle aus. Dort warten noch 286 Straßen- und Bushaltestellen auf ihren behindertengerechten Umbau. An der Saale rechnet man insgesamt mit Kosten von 13 Millionen Euro. Dresden hängt ebenso hinterher. Mit Stand 2012 waren erst 43 Prozent aller Straßenbahn-Halte für Behinderte nutzbar.

Ein Sprecher der Stadt Leipzig teilte auf LVZ-Anfrage mit, dass sich das Rathaus Anfang dieser Woche zu der Problematik äußern wird.

Text von Martin Pelzl.

Leipziger Volkszeitung, vom 21. 07. 2014


Nachricht vom 23.07.2014
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