Kein Vorwärtskommen für Rollstuhlfahrer

24.02.2014

Bildinhalt: Kein Vorwärtskommen für Rollstuhlfahrer  | Ein unüberwindbares Hindernis für Gehbehinderte - ein defekter Aufzug / Foto: André Kempner
Ein unüberwindbares Hindernis für Gehbehinderte - ein defekter Aufzug / Foto: André Kempner
 

Defekte Aufzüge an S-Bahnhöfen in Möckern und Leutzsch führen Gehbehinderte an ihre Grenzen

Wenn Georg Dörfler mit der S-Bahn fährt, funktioniert das nicht immer reibungslos. Der 49-Jährige ist durch mehrere Schlaganfälle gehbehindert, läuft am Stock und hat Schwierigkeiten beim Treppensteigen. Eigentlich sollen Fahrstühle an den Bahnhöfen dafür sorgen, dass Menschen wie er problemlos vorwärtskommen. Wie der gebürtige Würzburger sagt, sei dies allerdings nicht immer ohne Weiteres möglich.

Das letzte Mal sei der Frührentner Anfang Februar an seine Grenzen gekommen, als er aufgrund eines defekten Fahrstuhls auf dem Möckerner Bahnhof festsaß. Karl-Heinz Frey, der im Rollstuhl sitzt und mit Georg Dörfler ausgestiegen ist, ereilte das gleiche Schicksal. "Zwei Damen und ihr Kind halfen uns die Treppe gemeinsam zu erklimmen, was sehr schwer war und lange dauerte", berichtet Dörfler, der die Bahn über den kaputten Lift schon anderthalb Wochen vor diesem Vorfall telefonisch informierte. "Ich fragte, wann ich wieder mit einem funktionierenden Aufzug rechnen kann und der Mitarbeiter sagte, dass es mindestens noch drei bis vier Monate dauern wird und dass es unklar ist, ob er überhaupt repariert wird", erinnert sich der in Möckern wohnhafte Wahlleipziger und ergänzt: "Geärgert habe ich mich aber vor allem über seinen langen Vortrag über Vandalismus und den pampigen Kommentar, dass die Anwohner selbst schuld daran seien, dass Randalierer den Aufzug demoliert hätten." Dörfler könne nicht verstehen, warum Behinderte trotz der hohen Baukosten des City-Tunnels mit defekten Fahrstühlen leben müssen. Auch auf dem Bahnhof in Leutzsch habe er kürzlich vor einem defekten gestanden.

Bahn-Sprecherin Erika Poschke-Frost erklärte auf Anfrage der LVZ, dass der Aufzug in Möckern aus Sicherheitsgründen außer Betrieb genommen werden musste. Ende Januar sei die Glasverkleidung durch Vandalismus zerstört worden. "Die defekten Scheiben sind bestellt und werden voraussichtlich Ende März ausgetauscht", verspricht die Sprecherin. Danach werde der Lift wieder in Betrieb genommen. "Die lange Frist begründet sich in der Lieferzeit der verschiedenen Scheiben zwischen vier bis sechs Wochen", so Poschke-Frost weiter. Wann die Probleme am Aufzug in Leutzsch behoben sein werden, ist noch unklar.

Die patzige Antwort des Servicemitarbeiters bittet die Sprecherin zu entschuldigen. Man werde dem Vorfall nachgehen. Grundsätzlich ermuntert sie Reisende, Vandalismus umgehend über die an den Bahnhöfen aushängende Servicenummer zu melden oder die Polizei zu informieren. "Wir sind auf die Zivilcourage der Menschen angewiesen", erklärt Poschke-Frost. Zudem weist sie darauf hin, dass man sich bei der Mobilitätsservice-Zentrale der Bahn unter der Telefonnummern 0180/6512512 vor Reiseantritt eine Auskunft über mögliche Barrieren einholen könne. Einem Testanruf der LVZ konnte sich der Mobilitätsservice erfolgreich stellen. Eine Mitarbeiterin informierte, dass der Fahrstuhl in Möckern derzeit außer Betrieb ist. Allerdings gab sie keinen Hinweis, wie man sich als Gehbehinderter in dieser Situation helfen kann.

Georg Dörfler, der in der Zwischenzeit die nächstgelegene S-Bahn-Station in der Olbrichtstraße nutzt, ist von den Bemühungen der Deutschen Bahn enttäuscht. "Wenn ich einkaufen will, soll ich die Mobilitätsservice-Zentrale anrufen?", fragt er verwundert. "Wir müssen schon auf genügend andere Dinge achten - zum Beispiel ob wir überhaupt in der Verfassung sind einkaufen zu gehen." Als Leiter der Selbsthilfegruppe Junge Aphasiker Leipzig sei es für Georg Dörfler eine Herzensangelegenheit, dass Behinderte mit ihren Handicaps bestmöglich zurechtkommen. Deswegen wünscht er sich ein größeres Engagement und Einfühlungsvermögen seitens der Bahn. "Weder im Zug noch auf der Homepage der Bahn gibt es Hinweise, dass der Bahnhof zur Zeit für Gehbehinderte nicht geeignet ist", bemängelt Dörfler. "Wir können auf den Mond fliegen, sind aber nicht in der Lage Behinderten zu sagen, ob der Aufzug kaputt ist oder nicht", bringt er die Problematik auf den Punkt.

Zum Foto: Ein unüberwindbares Hindernis für Gehbehinderte: Da auch der Aufzug an der neuen S-Bahn-Station in Leutzsch schon wieder defekt ist, müssen sie woanders aussteigen. / Foto: André Kempner

Text von Felix Forberg

Leipziger Volkszeitung, vom 22./23. 02. 2014


Nachricht vom 24.02.2014
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