Der Laden für die neue Rolle

19.02.2014

Bildinhalt: Der Laden für die neue Rolle  | Bettina Thüm hilft anderen, sich zu verwandeln. Manchmal ist da auch der Tod im Spiel.Foto:A.Kempner
Bettina Thüm hilft anderen, sich zu verwandeln. Manchmal ist da auch der Tod im Spiel.Foto:A.Kempner
 

Bettina Thüm und ihre Kostüme sind nicht nur zum Fasching gefragt / Moderne Comicfiguren gehen besonders gut

Bettina Thüm weiß, was Männer sein wollen. In diesen Faschingswochen kommt der Büroangestellte im seriösen Anzug - und verlässt ihren Kostüme-Laden "KosThüm-s" nach einer halben Stunde als Held oder Bösewicht. Oder die Dame von nebenan taucht im Office-Outfit auf und entschwindet als Prinzessin oder Hexe. Bis Aschermittwoch, an dem bekanntlich alles vorbei ist, wird in der Georg-Schwarz-Straße 43 Hochbetrieb herrschen.

Bettina Thüm ist eine fröhliche Frau mit lilafarbenen Haaren. Seit 2008 ist sie im Kostüm-Geschäft. Und sie hat die Erfahrung gemacht: "Jeder Mensch ist ein Schauspieler und muss ab und zu in eine neue Rolle schlüpfen." Ihr Kostüme-Laden befindet sich in Altlindenau, nicht unbedingt die ultimative Party-Ecke von Leipzig. Das stört ihre Kunden aber nicht. Sie kommen aus anderen Stadtteilen, ja sogar aus anderen Städten ins "KosThüm-s". Selbst aus Berlin. "Wir gehören zu den wenigen Händlern in Deutschland, die Original-Kostüme von Rubie's verkaufen. Das ist der bekannteste amerikanische Kostüme-Hersteller, dessen Lizenz nur ein deutsches Unternehmen hat", verrät Bettina Thüm. Rubie's-Kostüme kosten bei ihr zwischen 50 und 100 Euro. Aber in einem solchen Spitzenprodukt fühlt Mann sich dann auch wie der richtige Batman. Und Frau wie Catwoman. "Die modernen Comicfiguren würde ich als aktuellen Trend bezeichnen", sagt Bettina Thüm.

Außer Kostümen weist ihr Laden eine große Palette an Accessoires auf: Hüte, Masken, Kontaktlinsen, Modeschmuck und Zauberstäbe aller Arten. Als Teenagerin wollte die 50-jährige Laden-Inhaberin Maskenbildnerin werden. Ihr Traum ging aber nicht in Erfüllung. "Zu DDR-Zeiten war es notwendig, zuerst eine Friseur- oder Schneider-Ausbildung zu machen. Und in diesen Branchen war jeweils immer nur ein Platz frei. Den bekamen Menschen, die Kontakte hatten", erzählt sie. Die besaß Bettina Thüm aber nicht. Deswegen absolvierte die gebürtige Thüringerin eine juristische Ausbildung. Dieser Job passte ihr aber nicht, er war "zu trocken". Sie fing an, in Leipzig mit Second-Hand-Ware und zum Teil mit Kostümen zu handeln. Und irgendwann stellte sich heraus, dass diese närrische Geschichte ihr richtig Spaß macht. Seit gut sechs Jahren verkauft sie nur noch Bekleidung für besondere Anlässe.

Eigentlich ist "KosThüm-s", wie der Name erahnen lässt, ein Familienprojekt. Wolfgang Thüm, Bettinas Mann, hat ein Leben lang als Elektromeister gearbeitet, "was sehr stressig war", wie der 52-Jährige sagt. Jetzt genießt er die geradezu festliche Atmosphäre des Ladens, betreut die Kunden, wirbelt zwischen den Kleiderpuppen hin und her und wirft witzige Gedanken ein. "Vor der Wende ging es zur Faschingszeit anders zu. Die Leute stellten ihre Kostüme selber zusammen, nähten sie daheim. Es gab halt kein Internet. Wir heute sind für die da, die keine Fantasie haben oder keine Zeit, sich selber zu kümmern."

Kostüme sind längst nicht nur rund um die Karnevalstage gefragt. Inzwischen sind sie zu einem wichtigen Teil der Festkultur geworden: Es gibt welche für Junggesellenabschiede, Hochzeiten, Geburtstage und thematische Partys. "Die Einzigen, die sich noch selber ausrüsten, sind die Gothics, die alljährlich zu Pfingsten zum Wave-Gotik-Treffen kommen", hat Wolfgang Thüm festgestellt. Aber auch vor dem Halloween-Fest stürmen viele Interessenten den Laden.

Ein Mann hat gerade ein Froschkönig-Kostüm gekauft. Bleibt zu wünschen, dass ihn eine süße Prinzessin küsst.

Text von Kira Svintsitskaya

Leipziger Volkszeitung, vom 19. 02. 2014

Weitere Infos unter Telefon 0341 2562118 oder im Internet www.kosthuem-s.de


Nachricht vom 19.02.2014
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